Prüfungsrecht im Fernstudium und beim Online-Lernen

Digitale Studienangebote versprechen Flexibilität und ortsunabhängiges Lernen, was insbesondere für Berufstätige, Eltern und Personen mit eingeschränkter Mobilität attraktiv ist. Die Freiheit des Fernstudiums bringt allerdings auch neue Prüfungsformate mit sich, bei denen Inhalte ebenso zählen wie technische Rahmenbedingungen, Bewertungsverfahren und rechtliche Grundlagen. Bei Online-Klausuren, virtuellen Präsentationen oder digital eingereichten Hausarbeiten kann es dabei gelegentlich zu Problemen kommen, die eine rechtliche Klärung erforderlich machen.

Was das Prüfungsrecht im Fernstudium besonders macht

Die rechtliche Bewertung digitaler Prüfungen unterscheidet sich in einigen Punkten von klassischen Präsenzformaten. Während vor Ort Aufsichtspersonen den Ablauf sichern, übernehmen im Online-Bereich häufig technische Systeme diese Aufgabe. Viele Hochschulen nutzen dazu Proctoring-Software, die Webcam-Überwachung, Bildschirmsperren und Identitätsprüfungen ermöglicht.

Diese Kontrollmechanismen werfen Fragen zum Datenschutz und zur Verhältnismäßigkeit auf, da personenbezogene Daten nur im Rahmen gesetzlicher Vorgaben erhoben werden dürfen. Zudem müssen Bewertungskriterien nachvollziehbar dokumentiert sein. Sobald Abläufe unklar oder Bewertungen nicht schlüssig erscheinen, kann es sinnvoll sein, die Prüfungsunterlagen genauer zu prüfen. Fachliche wie auch formale Mängel kommen hierbei gleichermaßen als Ursache infrage.

Bei rechtlichen Einwänden gegen Prüfungsentscheidungen besteht die Möglichkeit, eine Prüfungsanfechtung in Betracht zu ziehen. Der Erfolg hängt unter anderem davon ab, wie transparent die Hochschule ihre Prozesse dokumentiert hat und wie gut Betroffene ihre Argumentation belegen können.

Reale Situationen mit Klärungsbedarf

Im digitalen Prüfungsumfeld berichten Studierende gelegentlich von technischen Schwierigkeiten, die den Ablauf beeinträchtigen. Dazu zählen etwa Verbindungsabbrüche während Online-Klausuren, Störungen bei der Kameraüberwachung oder Probleme beim Upload von Prüfungsleistungen. Kommt es dabei zu Systemabbrüchen oder fehlerhaften Übertragungen, kann es vorkommen, dass ein Prüfungsversuch irrtümlich als Täuschung oder Versäumnis gewertet wird, obwohl die Ursache technisch bedingt war.

Auch bei schriftlichen Abgaben entstehen mitunter Missverständnisse. Beispielsweise kann es passieren, dass fristgerecht hochgeladene Dokumente im System nicht korrekt gespeichert oder später nicht mehr auffindbar sind. Daher ist es ratsam, alle Abgaben mit Belegen wie E-Mail-Bestätigungen oder Screenshots zu dokumentieren. Ohne einen solchen Nachweis ist es im Nachhinein schwer, einen Fehler nachzuweisen.

Formale Unklarheiten treten nicht nur im digitalen Raum auf. Auch in Prüfungszentren, die Fernhochschulen für Präsenzklausuren nutzen, können organisatorische Abweichungen vorkommen – etwa Raumwechsel, unterschiedliche Prüfungszeiten oder fehlende Erläuterungen zu Bewertungsmaßstäben. In solchen Fällen hilft eine genaue Dokumentation des Ablaufs, um spätere Nachfragen zu erleichtern.

Unklare Aufgabenstellungen und Bewertung ohne Kriterien

Nicht alle Fehler sind technischer Natur. Häufig betreffen sie die Aufgabenstellung oder Benotung. Eine Prüfungsaufgabe sollte klar formuliert sein, insbesondere im Fernstudium, wo Rückfragen oft nicht möglich sind. Auch die Bewertung muss nachvollziehbar erfolgen. Eine reine Notenvergabe ohne Hinweise oder Randbemerkungen wird von vielen als wenig transparent empfunden.

Zudem darf eine Bewertung keine sachlichen Fehler enthalten. Wenn eine korrekte Lösung als falsch gewertet oder ein richtiger Ansatz nicht berücksichtigt wird, kann ein Bewertungsfehler vorliegen. Auch uneinheitliche Bewertungsmaßstäbe, etwa bei mündlichen Online-Prüfungen ohne einheitliches Raster, gelten als problematisch.

Wenn die Technik den Prüfungserfolg beeinflusst

Ein instabiles WLAN, eingefrorene Bildschirmübertragungen oder Systemabstürze während Online-Klausuren sind keine Seltenheit. Hochschulen geben zwar häufig Empfehlungen zum technischen Setup, weisen jedoch darauf hin, dass die technische Verantwortung auf Seiten der Studierenden liegt. Tritt eine Störung auf, liegt die Beweislast in der Regel bei den Betroffenen. Deshalb ist es wichtig, die technischen Anforderungen vorab zu prüfen und die Prüfungsordnung sorgfältig zu lesen. Manche Hochschulen verlangen zudem eine zeitnahe Meldung von Störungen – etwa durch Screenshots, Logfiles oder Protokolle. Wird dies versäumt, kann die Prüfung unter Umständen als „nicht bestanden“ gewertet werden.

Widerspruch einlegen – was zu beachten ist

Ein vermeintlich fehlerhaftes Prüfungsergebnis muss nicht hingenommen werden. Zunächst kann eine informelle Rücksprache mit den Prüferinnen oder Prüfern sinnvoll sein, um Unklarheiten zu beseitigen. Bleibt das Ergebnis bestehen, besteht die Möglichkeit, formell Widerspruch einzulegen. Die Frist beträgt in der Regel zwei bis vier Wochen nach Bekanntgabe der Bewertung.

Wichtig ist eine schriftliche und nachvollziehbare Begründung der Einwände. Bei mündlichen Prüfungen empfiehlt es sich, ein Gedächtnisprotokoll unmittelbar nach der Prüfung anzufertigen. Hochschulen prüfen Widersprüche meist zunächst intern. Erst wenn dort keine Korrektur erfolgt, kann der Weg vor das Verwaltungsgericht führen. Viele Fälle lassen sich jedoch schon auf Hochschulebene klären, sofern die Argumentation gut dokumentiert und sachlich begründet ist.

Wann fachliche Unterstützung sinnvoll ist

Manche Fälle lassen sich nicht allein lösen – etwa wenn Fristen verstrichen sind oder die Sachlage juristisch komplex ist. In solchen Situationen kann eine Beratung durch Fachleute hilfreich sein. Spezialisierte Anwältinnen und Anwälte für Prüfungsrecht kennen die rechtlichen Spielräume und wissen, welche formalen Mängel zu einer Neubewertung führen können. Je besser der Prüfungsablauf dokumentiert ist – etwa durch E-Mails, Protokolle und Screenshots –, desto höher sind die Erfolgsaussichten.

Was Studierende vor der nächsten Prüfung beachten sollten

Vor einer digitalen Prüfung können einige einfache Maßnahmen helfen, technische und organisatorische Probleme zu vermeiden:

  • Technische Ausstattung frühzeitig prüfen (Internetverbindung, Kamera, Mikrofon, Browserkompatibilität)

  • Belege für Abgaben regelmäßig sichern (z. B. Screenshots, Bestätigungs-E-Mails)

  • Prüfungsordnung sorgfältig lesen – insbesondere Regelungen zu Fristen, Rücktritt und Störungen

  • Eigene Mitschriften oder Protokolle direkt nach der Prüfung erstellen

  • Bei Unklarheiten frühzeitig den Kontakt zur Hochschule suchen

Ein ruhiger Arbeitsplatz mit stabiler Internetverbindung schafft zudem die besten Voraussetzungen für konzentriertes Arbeiten und einen reibungslosen Prüfungsablauf.


Hinweis: Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und ersetzt keine Rechtsberatung. Alle Angaben wurden sorgfältig recherchiert, erfolgen jedoch ohne Gewähr auf Vollständigkeit oder Aktualität. Bei individuellen rechtlichen Fragen sollten Betroffene fachkundigen Rat einholen – beispielsweise bei einer Fachanwältin oder einem Fachanwalt für Verwaltungs- oder Prüfungsrecht.